Reformationstag
Ob Martin Luther am 31. Oktober 1517 tatsächlich eigenhändig
seine 95 Thesen zum Ablasswesen an die Tür der Wittenberger
Schlosskirche hängte, weiß niemand.
Unbestritten ist aber, dass mit der Veröffentlichung der Thesen eine Erneuerungsbewegung der Kirche begann, die grundlegend von Martin Luther (1483-1546) geprägt und bestimmt wurde. Daran erinnert jährlich der Reformationstag am 31. Oktober.
Die Erneuerung des theologischen Denkens und vor allem der Kirche war das Anliegen Luthers und seiner Mitstreiter. Diese so genannten Reformatoren stellten die Autorität der Konzile und Päpste auf den Prüfstand des Evangeliums. Sie kritisierten alle Lehren, die sich von den Grundsätzen des Glaubens entfernt hatten, besonders den Verkauf und die Weitergabe von Ämtern, die Erpressung von Abgaben, das wenig fromme Leben des Klerus oder den Verkauf der Sündenvergebung (Ablass).
Thesen führten zu Exkommunikation
Luther stellte in seinen Thesen unter anderem heraus, dass die Reue des sündigen Menschen ausreiche, damit Gott die Sünden vergibt. Der Erzbischof von Mainz meldete Luthers Ansichten nach Rom und leitete ein Verfahren gegen ihn ein. Vier Jahre später, im Januar 1521, wurde Martin Luther exkommuniziert, was auch die Reichsacht zur Folge hatte.
In der Zwischenzeit jedoch hatte Luther sich bei etlichen akademischen Disputationen verteidigen müssen und zudem im Jahre 1520 die drei so genannten „Reformatorischen Hauptschriften“ verfasst, in denen er sich an die weltliche Obrigkeit wandte, die Sakramentenlehre kritisch untersuchte und die Freiheit eines Christenmenschen bedachte. Luther forderte von den weltlichen Regenten, die Reform der Kirche und sozialpolitische Neuerungen voranzutreiben.
Neues Testament übersetzt
Außerdem verlangte er die Abschaffung des Kirchenstaates und das Priestertum aller Getauften sowie die Verringerung der Sakramente auf Taufe, Abendmahl und Buße. Diese Bücher, die Grundlage der späteren lutherischen Kirchen, verbreiteten sich schnell und fanden an vielen Orten Zuspruch. Im weiteren Verlauf der Geschichte musste sich Luther als Vogelfreier auf der Wartburg verstecken. Hier übersetzte er ab 1521 das Neue Testament aus dem Griechischen und verfasste zahlreiche Predigten und Schriften.
Wittenberg war aber nicht der einzige Ort, an dem reformatorische Ideen entstanden. In ganz Europa gab es viele Reformanstrengungen. Ein weiterer bedeutender Standort war die Schweiz. Die bedeutendsten Reformatoren dort waren Ulrich Zwingli und Johannes Calvin, sie legten die Grundsteine für die späteren reformierten Kirchen. Auch sie beriefen sich auf die Bibel als einzig unfehlbare Instanz und lehnten andere Traditionen ab. Unterschiede zu Luther bestehen vor allem im Verständnis des Abendmahls.
Allein aus Gnade
Entscheidende theologische Entdeckung der Reformation, die alle Reformatoren teilten, war die so genannte Rechtfertigungslehre: Gott spricht den Sünder gerecht, ohne dass dieser etwas dafür tun oder bezahlen muss. Die reformatorische Theologie hat diese Lehre mit vier Spitzensätzen beschrieben, die sich jeweils auf ein „Allein“ (lateinisch "sola") gründen:
- Allein aus Gnade (sola gratia): Der Gläubige wird durch Gottes Gnade errettet, nicht durch eigene Taten.
- Allein aus Glauben (sola fide): Der Mensch ist durch seinen Glauben gerechtfertigt, nicht durch gute Werke.
- Allein die (Heilige) Schrift (sola scriptura): Die Heilige Schrift ist Basis allen Handelns, nicht die Tradition.
- Allein Christus (solus Christus): Nur das Wirken Christi ist Grundlage für die Errettung des Menschen.
Die reformatorischen Mitglieder des Reichtags (Reichsstände) protestierten 1529 beim Reichstag in Speyer gegen die Acht gegen Luther. Sie forderten die ungehinderte Verbreitung seiner Lehre. Aufgrund dieser Protestaktion nennt man die evangelischen Christen auch Protestanten.
Textquelle: www.ekir.de (Stand: 02.01.2012)