03. Juli 2024
Knapp 85 Jahre: Engelskonfirmation in Uchtelfangen gefeiert
Manche Jubiläen kommen nur sehr, sehr selten vor. In Uchtelfangen hat Emmi Gehres nun ihre „Engelskonfirmation“ gefeiert (85 Jahre). Anlass genug mit der 99-jährigen aus Illingen-Hosterhof ins Gespräch zu kommen. Gemeinsam mit Prädikantin Iris Jochum von der Kgm. Uchtelfangen blickt sie zurück.
Was sie zu ihrem Festtag trug, daran kann sich Emmi Gehres noch genau erinnern: „Wir waren vornehm, ein schwarzes Kleid, darüber ein weißes Jäckchen, so ein Bolero mit Stick.“ Gerade hat die rüstige 99-jährige aus Illingen-Hosterhof in der Evangelische Kirche Uchtelfangen ihre Jubiläumskonfirmation („Engelskonfirmation“) gefeiert.
Knapp 85 Jahre liegt ihre Konfirmation zurück. Fotos davon ließen sich heute keine mehr finden, doch vor ihrem inneren Auge ist noch präsent, wie es vor über acht Jahrzehnten war. Gemeinsam mit Prädikantin Iris Jochum von der Evangelischen Kirchengemeinde Uchtelfangen blickt sie im Gespräch zurück. Sie erzählt mit Elan, aber auch ein bisschen Schwermut. Denn mit ihrer Konfirmation verbindet sie bis heute den Zweiten Weltkrieg, der ihre Jugend prägte.
1925 wurde sie als Emmi Eichin geboren, „natürlich in Hosterhof“, wo ihre Eltern ein Haus mit Landwirtschaft besaßen. „Alle hatten eine Kuh, wir hatten drei“, sagt sie. Ihrer Familie ging es also vergleichsweise gut. Dafür musste Emmi als einziges Kind von klein auf mit anpacken: „Während andere Mädchen spazieren gingen, musste ich Heu machen“. Sie erzählt das wertfrei, es war halt einfach so damals.
In dem Jahr, in dem sie die Volksschule abschloss, begann der Krieg. Ab diesem Moment gab es „nicht mehr viel Schönes in der Jugend“. Wenn sie mit ihren Freundinnen zu Fuß von Hosterhof nach Uchtelfangen zum Konfirmandenunterricht lief, musste sie regelmäßig Deckung suchen, wenn es wieder einmal Fliegeralarm gab. „Wir sind den Bomben fortgelaufen“, zu dem großen Baum in Richtung der heutigen Autobahnauffahrt, und hätten sich an den Stamm gepresst, bis die Bomben nicht mehr fielen. Ausgefallen sei der Konfirmandenunterricht aber nie. Der damalige Pfarrer Eugen Roy, kriegsversehrt mit nur einem Bein, hat immer Anwesenheit erwartet. Und damals gehörte noch mehr zur Konfirmandenzeit als heute. „Zweimal in der Woche Unterricht und sonntags immer in den Gottesdienst“, stand auf der Tagesordnung. Gefahren wurden sie nie. Allein die Frage erheitert Emmi Gehres. „Na hör mal, wir waren nicht so verwöhnt“, macht sie lachend deutlich. Insgesamt ging sie also dreimal in der Woche, jeweils Hin- und Rückweg, zu Fuß in Kriegszeiten, und das ein gutes halbes Jahr lang bis zur Konfirmation.
Eigentlich, so kommt im Gespräch zufällig raus, fand die Konfirmation von Emmi Gehres erst 1940, also schon während des Zweiten Weltkriegs statt. Aber sie feiert trotzdem dieses Jahr Jubiläum? Des Rätsels Lösung ist einfach: Heutzutage gehen Jugendliche in der Regel in dem Jahr zur Konfirmation, in dem sie 14 werden. Deshalb schreibt die Kirchengemeinde für die Jubiläumskonfirmationen die Geburtsjahrgänge an. Damals aber gingen in Uchtelfangen diejenigen Jugendlichen zur Konfirmation, die zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alt waren. Da Emmi Eichin aber erst kurz nach dem Konfirmationstermin Geburtstag hatte, kam sie erst im darauffolgenden Jahr an die Reihe.
Gefeiert hat Emmi Gehres in diesem Jahr dennoch – oder „gradselääz“ – denn wer wisse schon, was nächstes Jahr sein werde? Auch 1940 hat man sie nicht vom Feiern abhalten können. Feierlich war der Gottesdienst auf jeden Fall. Vor dem Hintergrund des Kriegs fiel aber das anschließende Fest etwas kleiner aus, nur im Kreise der Familie. Aber gefehlt hat es an nichts. Rindfleischsuppe und Meerrettich gab es zum Essen, weiß Emmi Gehres noch. „Wir hatten ja zuhause die Kühe, also haben wir ein bisschen mehr gehabt als andere.“ Und auch Geschenke bekam sie: das obligatorische Kaffeeservice und darüber hinaus sogar ein Silberbesteckset für eine Person, „von Schubert in Neunkirchen“, sagt sie stolz.
Eine „Engelskonfirmandin“, das gab es noch nie in Uchtelfangen. Und auch darüber hinaus sind 85-jährige Konfirmationsjubiläen selten. Für Iris Jochum, die Emmi Gehres schon lange kennt, war es „eine besondere Ehre“, als ehrenamtliche Prädikantin den Gottesdienst zur Jubiläumskonfirmation feiern zu dürfen. Bei der Segnung von Emmi Gehres habe es ihr die Sprache verschlagen, so bewegt war sie von dem feierlichen Moment.
Auch für Gehres war der Tag ein Erlebnis. Ein besonderes Glück war für sie, ihn mit ihrer Familie verbracht zu haben. „Ich habe keine Kinder und doch eine große Familie“, freut sie sich. Denn ihre Ehe blieb zwar kinderlos, doch für ihren späteren Lebensgefährten, ihren Stiefschwiegersohn und dessen Kinder und Enkel ist und bleibt sie die „Oma Emmi“ und ein Mittelpunkt der Familie. Wenn es so weitergeht, möchte Emmi Gehres gerne im nächsten Jahr auch ihren 100. Geburtstag feiern. „Manchmal glaub‘ ich selbst nicht, wie alt ich bin“, sagt sie, zufrieden mit sich und der Welt um sie herum.