01. November 2023

Reformationsempfang der Evangelischen Kirchen im Saarland: „Luther ging nicht zum Lachen in den Keller“


Beim Reformationsempfang in Homburg stand der Freiheitsgedanke nach Martin Luther im Mittelpunkt. Dabei wurde der Evangelische Freiheitspreis Saar an das Team des Weltladens „Kreuz des Südens“ verliehen. Karnevals-Präsident Klaus-Ludwig Fess referierte zur Beziehung von Kirche und Karneval.

„Gescheite Freiheit muss mit Verantwortung verheiratet sein, immer“, betonte Pfarrerin Petra Scheidhauer beim Reformationsempfang der Evangelischen Kirchen im Saarland am Abend des Reformationstags. Im symbolträchtigen Veranstaltungsort, dem Siebenpfeifferhaus, benannt nach Philipp Jakob Siebenpfeiffer war nicht nur ein Initiator des Hambacher Festes, stellte sie Gedanken zur christlichen Freiheit in den Mittelpunkt des geistlichen Einstiegs in den Abend.

Die Kirchenkreise Saar-Ost und Saar-West sowie die Kirchenbezirke Homburg und Zweibrücken hatten gemeinsam eingeladen, um den symbolischen „Geburtstag“ der Evangelischen Kirchen zu begehen. Der Freiheitsgedanke, den Martin Luther in seiner berühmten Schrift dem Christenmenschen zuspricht, ist die Grundlage des evangelischen Selbstverständnisses.

Heute sei die Reformation für die Kirchen eine Herausforderung, sagte die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst in ihrem Grußwort. Frage man drei Menschen, wie Kirche anders werden soll, bekomme man darauf zehn Antworten und mindestens zwei davon würden sich fundamental widersprechen. In diesen Fällen helfe eine Rückbesinnung auf die Ursprünge. „Luther ging es um das Seelenheil. Um das muss es uns auch heute gehen“, betonte Wüst. Das Heil der Seele sei das, was die Menschen in diesen krisengeschüttelten Zeiten bräuchten.

Als Gastredner referierte Klaus-Ludwig Fess, Präsident des Bundes Deutscher Karneval, von den Anfängen der Festnacht und ihrer wechselvollen Beziehung zu den Kirchen. So habe das Christentum anfangs erheblich zur Verbreitung des Karnevals beigetragen, indem es manche ursprünglich heidnischen Bräuche in die eigenen integriert habe. Als Beispiel nannte Fess das sogenannte „Osterlachen“, den Brauch, an Ostern die Gottesdienstbesucher in der Predigt zum Lachen zu bringen. Im Protestantismus sei diese Tradition dann aber verlorengegangen. „Vielleicht, weil die Witze nicht immer ganz stubenrein waren“, vermutete Fess.

Dabei sei Martin Luther gar kein Kostverächter gewesen, was Fröhlichkeit anginge. „Luther ging nicht zum Lachen in den Keller, höchstens zum Bierholen“, schmunzelte Fess. Seine Tischreden seien voller Scherze und Humor. Die rote Linie überschritten für ihn aber diejenigen, die behaupteten, dass das Feiern vor der Fastenzeit zur Erlösung beitrage. So manche Anekdote weist dagegen durchaus gemeinsame Standpunkte zu dem Reformator auf: So sei im 16. Jahrhundert ein Gegner des Ablasshandels belegt, der bei der politischen Straßenfastnacht in einem Kostüm aus Ablassbriefen seine Missbilligung zum Ausdruck brachte.

Im Rahmen des Empfangs wurde auch der Evangelische Freiheitspreis Saar an das Team des Saarbrücker Weltladens „Kreuz des Südens“ verliehen. Seit über 30 Jahren betreibt der ehrenamtliche Verein den gleichnamigen Weltladen in der Saarbrücker Innenstadt unweit des St. Johanner Markts. Dort werden fair gehandelte Produkte angeboten und mit dem Verkaufsgewinn jährlich soziale Projekte unterstützt. Darüber hinaus engagieren sich die Mitglieder des Teams in der Bildungsarbeit, um sich für menschenwürdige Arbeitsbedingungen, die Bewahrung der Schöpfung und eine gerechtere Verteilung des Wohlstands in der Welt einzusetzen. Ein langer Weg mit vielen kleinen Schritten, den das Weltladen-Team konsequent geht. Friedrich Eisenhut vom Vorstand des Vereins, der den Preis stellvertretend für alle Teammitglieder entgegennahm, plädierte in seiner Dankesrede für mehr faire Beschaffung in staatlichen und kirchlichen Institutionen, „nicht nur beim Kaffee“, sondern auch etwa bei Büromaterialien, Kleidung und Textilien.

Umwelt- und Justizministerin Petra Berg würdigte in ihrer Laudatio die Preisträger:innen insbesondere für dieses Sendungsbewusstsein ihrer Anliegen in die Öffentlichkeit. „Das Team des Weltladens ist sich unserer Privilegien bewusst und nutzt sie, um den Menschen in den Entwicklungsländern zu helfen“, so Berg. Sie seien damit Vorbilder des Saarlandes in seinem Bestreben Fairtrade-Bundesland zu werden.

Der nächste Reformationsempfang wird 2024 in St. Wendel stattfinden.

 

Hintergrund:

Der Reformationsempfang der Evangelischen Kirchenkreise Saar-Ost und Saar-West sowie die Kirchenbezirke Homburg und Zweibrücken findet seit 2022 jährlich an wechselnden Orten im Saarland statt. In Erinnerung an die Ursprünge des reformatorischen Selbstverständnisses soll der Reformationsempfang dazu beitragen, das Profil der Evangelischen Kirchen im Saarland in der Öffentlichkeit zu schärfen und den Austausch mit der Politik sowie anderen gesellschaftlichen Gruppen zu fördern.

Mit dem Evangelischen Freiheitspreis Saar wird eine Einzelperson oder Gruppe ausgezeichnet, die sich beispielsweise durch besonderes Wirken aus christlicher Motivation in der Kirche, in der Ökumene, im Dialog der Religionen oder in bzw. für die Gesellschaft auszeichnet. Auch wer mit seinem Einsatz dazu beiträgt, die Vernetzung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen voranzubringen oder der bzw. die für ein im Glauben begründetes Anliegen eintritt, kann für den Preis vorgeschlagen werden. Der Preis ist mit 2.000 Euro dotiert.

 





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